Was ist Empathie?

Reaktion
auf
Emotion.

Empathie bezeichnet die Fähigkeit und Bereitschaft, Empfindungen, Emotionen, Gedanken, Motive und Persönlichkeitsmerkmale einer anderen Person zu erkennen, zu verstehen und nachzuempfinden. Ein damit korrespondierender allgemeinsprachlicher Begriff ist Mitgefühl.

Zur Empathie wird gemeinhin auch die Fähigkeit zu angemessenen Reaktionen auf Gefühle anderer Menschen gezählt, zum Beispiel Mitleid, Trauer, Schmerz und Hilfsbereitschaft aus Mitgefühl. Die neuere Hirnforschung legt allerdings eine deutliche Unterscheidbarkeit des empathischen Vermögens vom Mitgefühl nahe.

Grundlage der Empathie ist die Selbstwahrnehmung. Je offener eine Person für ihre eigenen Emotionen ist, desto besser kann sie auch die Gefühle anderer deuten.

Das Wort Empathie geht zurück auf das altgriechische Wort ἐμπάθεια empátheia – gebildet aus dem Substantiv πάθος páthos („Leid, Unglück, Leiden, Leidenschaft“), worauf die Wurzel path- zurückgeht, und der Vorsilbe ἐν/ἐμ en/em („in, an, auf“). Es bedeutet „intensive Gefühlsregung, Leidenschaft“ und entwickelt auf dem Weg zum Neugriechischen die Bedeutungen „Voreingenommenheit, Feindseligkeit, Gehässigkeit“. Auf dieses griechische Wort geht also nur die Herkunft des Wortes „Empathie“, nicht jedoch der Bedeutungsinhalt des modernen Terminus im umgangs- oder fachsprachlichen Gebrauch zurück.

Das griechische συμπάθεια sympátheia „Sympathie“ ist wie das deutsche „Mitgefühl“ gebildet, nämlich aus σύν/σύμ syn/sym („mit“) und der Wurzel path- („leiden, fühlen“) sowie dem Wortbildungssuffix zusammengesetzt. Analog dazu wurden im 19. Jahrhundert aus griechisch ἐν/ἐμ en/em („in, an, auf“) und path- als Lehnübersetzung von deutsch „Einfühlung“ die griechisch-basierten Termini deutsch „Empathie“ und englisch empathy neugebildet, um internationale Fachtermini zu schaffen.

Die Geschichte dieser Termini ist noch ungeklärt. Der deutsche Philosoph Rudolf Hermann Lotze (1817–1881) verwendete den Ausdruck „Empathie“ erstmals 1848.[10] Theodor Lipps entwarf 1902 eine Theorie der Einfühlung als „intrapsychischen Prozess“. Er verfolgte die These von einem menschlichen Zwang zu motorischer Nachahmung. Edward B. Titchener verwendete 1909 erstmals den Ausdruck empathy, als er den „wahren“ Sinn des Wortes „Einfühlung“ in Werken von Theodor Lipps richtig übersetzen wollte.

Das gleiche geschah noch einmal, als das Ehepaar Alix und James Strachey (1887–1967) den Ausdruck „Einfühlung“ in den Werken von Sigmund Freud ins Englische zu übersetzen hatte. Das deutsche „Empathie“ kann dann – mit oder ohne Kenntnis von Lotzes Verwendung – als Entsprechung zu englisch empathy gebildet worden sein.

Benjamin Cuff und Co-Autoren fanden in der wissenschaftlichen Fachliteratur 43 verschiedene Definitionen des Begriffs „Empathie“. Hier einige ausgewählte Beispiele:

Nach Paul Ekman handelt es sich weder bei Empathie (Mitgefühl) noch bei Mitleid um Emotionen, sondern um Reaktionen auf die Emotion eines anderen Menschen. Ferner unterscheidet Ekman zwischen kognitiver und emotionaler Empathie: „Kognitive Empathie lässt uns erkennen, was ein anderer fühlt. Emotionale Empathie lässt uns fühlen, was der andere fühlt, und das Mitleiden bringt uns dazu, dass wir dem anderen helfen wollen …“.

Breithaupt definiert Empathie überwiegend als subjektiv wirksame Fähigkeit (Filter für das „Rauschen des Mitleids“). In der Einordnung von Empathie für Andere, insbesondere wechselnde Empathie in Dreierszenarien mit dem Ziel, eventuell Konflikte Anderer zu lösen, ist er widersprüchlich. Dass gesellschaftliche Empathie hohes Konfliktvermeidungspotential hat, wird hier von Breithaupt zwar positiv bestätigt, er sieht dieses jedoch nur als ferneres Ziel, nicht als gegenwärtig bereits existierend.

Arthur Ciaramicoli unterscheidet zwischen

authentischer Empathie

dem emotionalen Mitfühlen und Miterleben der Emotion des anderen, die mit einem höheren affektiven Anteil und einer stärkeren Tendenz zu prosozialem Verhalten einhergeht.

funktionaler Empathie

dem verstandesmäßigen Nachvollziehen und reflektierenden Einfühlen der Emotion des anderen, die einen stärker kognitiven Anteil besitzt und emotionale Distanz ermöglicht, und beispielsweise beim therapeutischen Reflektieren genutzt wird, aber auch zur effektiven Manipulation (z. B. in Verkauf und Werbung) und für ausbeuterische Ziele bis hin zu Sadismus, Missbrauch, Folter usw. missbraucht werden kann.

Leonardo Badea bezeichnet Empathie als eine Fähigkeit, die in nahezu allen Lebensbereichen entscheidend für den Erfolg ist. Menschen und vor allem Führungskräfte mit besonders ausgeprägten empathischen Fähigkeiten haben bessere persönliche Beziehungen, können sich selbst und andere stärker motivieren; sie lernen schneller und genießen ein größeres Vertrauen.

Nach Lawrence Shaw, Elizabeth Segal sowie Tharrenos Braitsis und Co-Autoren werden drei Formen von Empathie unterschieden:

emotionale Empathie

die Fähigkeit, das Gleiche zu empfinden wie andere Menschen (Mitgefühl); man nennt sie auch emotionale Sensitivität

kognitive Empathie

die Fähigkeit, nicht nur Gefühle, sondern auch Gedanken und Absichten anderer Menschen zu verstehen und daraus korrekte Schlussfolgerungen zu ihrem Verhalten abzuleiten (vergleichbar mit der Theory of Mind)

soziale Empathie

Es ist die Fähigkeit, das Verhalten komplexer sozialer Systeme zu verstehen und vorherzusagen. Beispiele für solche Systeme sind Teams, Mannschaften, Projekte, Unternehmen mit deren Abteilungen, Vereine, Parteien, (informelle) Netzwerke, Familien und alle anderen Arten zwischenmenschlicher Beziehungen. Die Komplexität resultiert aus Vielfalt der Persönlichkeitsmerkmale, kulturellen Besonderheiten und Werthaltungen der beteiligten Personen in einem (ebenfalls komplexen) soziokulturellen Umfeld. In derartigen Systemen gelten meist andere Regeln und Normen als bei einzelnen Personen (Gruppendynamik)